Im Porträt: Martin unser Spezialist im Thema Routenbau
Vielseitig ist er, unser Routenschrauber, der seit Februar 2020 im Kletterzentrum fest angestellt ist. Zu seinen Hobbys zählen Gitarre spielen, gärtnern, kochen und in der Natur unterwegs sein. Aber auch die Bandbreite der bergsportlichen Aktivitäten ist groß: er geht Skitouren, betreibt Langlauf und Highlinen, das Balancieren auf einem Polyesterband in großer Höhe. Am meisten schlägt sein Herz jedoch für alle Disziplinen des Felskletterns, dabei besonders für das Alpinklettern oder das herausfordernde traditionelle Klettern. „Ich suche gerne das Abenteuer in den Alpen“ sagt Martin und berichtet begeistert vom Westgrat am Salbitschijen, den er in der Herbstsaison 2019 mit zwei guten Freunden klettern konnte. „Man klettert 1.000 Klettermeter bis in den siebten Grad, über mehrere Gipfel und ist dabei sehr ausgesetzt, ein tolles Erlebnis!“ schwärmt er. Der 32-Jährige, der vor acht Jahren aus den Niederlanden nach Deutschland kam und heute naturnah im Dreisamtal wohnt, hat mit 19 Jahren in Amsterdam das Klettern begonnen und erste Vereinserfahrung im studentischen Alpenverein gesammelt.
Nach seinem Umzug nach Freiburg, wo er zunächst als Erlebnispädagoge und Sozialarbeiter mit Kindern, Jugendlichen und Familien arbeitete, wurde er Mitglied in unserer Sektion. Schon bald bot er sich als Routenschrauber an. Was ihn am Einrichten von neuen Routen begeistert? „Das Schrauben einer Route findet auf der Schnittstelle zwischen dem Erstellen eines künstlerischen Produkts und dem Ausüben eines Handwerks statt“ sagt Martin. „Es ist ein höchst kreativer und präziser Prozess, an dessen Ende ein ästhetisches Produkt steht. Ich fühle mich manchmal wie ein Künstler. Wenn es schöne Griffe sind, die eine gute Kombination von Bewegungsmöglichkeiten bieten, so dass die Leute ein tolles Klettererlebnis haben, dann ist das höchst befriedigend“, ergänzt er. Wenn er Routen schraubt, vergisst er selbst die Zeit und befindet sich in einer Art „Flow-Zustand“. Er erlebt nur noch die entstehenden Bewegungsabläufe, die Griffe und wird fast eins mit dem Hubsteiger und seinen Schrauben. Es ist ein schönes Gefühl, das konkrete Ergebnis am Ende sichtbar vor sich zu haben. Und die Rückmeldungen der Kletterer zu seinen Routen sind sehr positiv.
Doch das eigentliche Schrauben macht nur fünf Prozent seiner Tätigkeit in der Kletterhalle aus. Neben dem Routenbau kümmert er sich noch um die Wartung der ganzen Kletteranlage und der Technik im Haus sowie um viele unterschiedliche Hausmeistertätigkeiten. Speziell für den Routenbau ist viel Planung, Vor- und Nachbereitung zu bewältigen. „Es fängt damit an, dass die alten Griffe ausgeschraubt, gereinigt und sortiert werden müssen. Das erledigen zum Glück hauptsächlich Ehrenamtliche. Ich möchte mich herzlich bei all denen bedanken, die uns hier unterstützen, ohne sie würden wir gar nicht zum Schrauben kommen!“ betont Martin an dieser Stelle. „Die eigentliche Routenbauplanung geschieht dann tatsächlich zunächst am PC“, erklärt er weiter. Er organisiert zudem die Beauftragung von externen Routenschrauberinnen und Routenschraubern. „Wir achten darauf, regelmäßig hochqualifizierte Gastschrauber einzuladen, die auch auf internationalen Wettkämpfen schrauben. Damit wird eine hohe Qualität und Vielfalt der Routen gewährleistet, und so haben wir Routen in den höheren Schwierigkeitsgraden, die die Wettkampfgruppe braucht, um sich auf Wettkämpfe vorbereiten zu können“, erzählt er. „Aber wir beauftragen auch lokale Schrauber, die das nebenberuflich machen. Die Vielfalt der Routenbauer ist in unserer Halle etwas Besonderes. Wir würden gerne noch mehr beauftragen, aber das ist gar nicht so leicht!“
Für Martin ist das Ziel seiner Arbeit, schöne Routen in jedem Schwierigkeitsgrad zu erstellen. Außerdem möchte er das Qualitätsmanagement für den Routenbau vorantreiben. Er versucht, optimale Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit man sich beim Schrauben wirklich auf die Route fokussieren kann. Gegen Ende klettert er gemeinsam mit den Schrauberinnen und Schraubern über jede neue Route, um diese, falls nötig, nochmals anzupassen. „Man muss viele Kriterien beachten, beispielsweise die Seilreibung an Griffen oder den Abstand zwischen den Griffen. Es soll schließlich jede Bewegung funktionieren und in jedem Schwierigkeitsgrad sind bestimmte Bewegungen ´zuhause´. In einem Vierer sollte zum Beispiel kein Fußwechsel erforderlich sein, der Einstieg darf nicht zu schwer sein und es darf keine schweren Überhänge geben. Oder in einem Neuner darf es keine ´No-Hands Rest´ geben“, erklärt Martin. Qualitätsmanagement bedeutet also auch, für jede Route und deren Schwierigkeitsgrad bestimmte Merkmale zu beachten.
„Ich habe übrigens die Bitte der Kletterer bei uns in der Halle gehört, dass wir mehr Routen im vierten und fünften Grad schrauben. Bei unserer letzten Griffbestellung haben wir das berücksichtigt“, kündigt er an und fügt hinzu: „Es ist ziemlich schwer, bei einem begrenzten Budget und einer kleinen Fläche allen gerecht zu werden.“
Ein weiteres Ziel seiner Arbeit ist es, dazu beizutragen, dass die Kletterhalle aus den roten Zahlen kommt. „Wir wollen kostendeckend arbeiten und versuchen, das Kletterzentrum so zu gestalten, dass mehr Kunden kommen und das Angebot auch tagsüber nutzen. Insofern sind die Routen immer auch als ein kommerzielles Produkt zu sehen und auch unter diesem Gesichtspunkt zu schrauben“, betont Martin und fügt hinzu: „Da sind wir im Kletterhallenteam aber auf einem guten Weg. Überhaupt, die Zusammenarbeit in dem Team macht viel Spaß und ich bin stolz, Teil des Teams zu sein. Ich kann viel Neues lernen und wir arbeiten auf Augenhöhe zusammen.“
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